· 

Missbrauch entwurzeln

  

Wer glaubt, Missbrauch beginne bei sexuellen Übergriffen, hat weit gefehlt. Wer glaubt, das Problem von sexuellem Missbrauch liesse sich mit der Bestrafung der Täter lösen, noch viel weiter. Und wer glaubt, Missbrauch werde nur von einigen wenigen, psychisch kranken Menschen begangen, am weitesten.

Um den Grund eines Problems zu finden, muss man eben dort nachsehen: Am Grund, beim Beginn, dort wo die Wurzeln sind. Man muss bei den Anfängen suchen und sehen wo sich die Wurzelausläufer überall versteckt haben.

 

 

Missbrauch beginnt mit Missachtung

An Missachtung gewöhnt zu werden ist der Nährboden, auf dem künftiger Missbrauch wachsen kann - in beide Richtungen: Als Opfer und als Täter.

 

Man kann es immer noch tagtäglich beobachten, wo Kinder und erwachsene Betreuungspersonen zusammen sind. Ich schildere eine klassische Szene, die ich vor ein paar Jahren in einem grossen Park miterlebt habe.

 

Ein Junge von vielleicht 5-6 Jahren hat sich mit seinem Freund im Park verirrt. Er wäre eigentlich mit seiner Mutter hier gewesen aber nun haben sie sie aus den Augen verloren. Ich treffe auf den Jungen, spüre seine Angst und biete meine Hilfe an, da ich den Park gut kenne. Wir laufen ihn systematisch ab. Der Junge äussert seine Angst, sie nicht mehr wiederzufinden und sagt verzweifelt, dass er sie doch brauche. Als wir sie wiederfinden,  ist er so erleichtert, dass er tränenüberströmt in die Arme seiner Mutter rennen möchte, die mit einer Freundin da ist. Anstatt ihn zu umarmen und zu trösten, stösst sie ihn jedoch weg und macht ihm sogleich lautstark Vorwürfe, weil er ihr 'solche Sorgen' bereitet habe. Der Junge verstummt, versteinert förmlich, schluckt die vielen Gefühle herunter, schneidet sie ab, lässt sie nicht sich zu Ende bewegen, denn sie dürfen ja nicht sein, er entschuldigt sich kraftlos, während seine Mutter schon wieder fröhlich mit der Freundin weiterquasselt.

 

Für den Jungen ist gerade etwas ganz Schlimmes passiert. Er wurde in seinem Schmerz nicht gehört, sein Schmerz, seine Angst, alle seine Gefühle wurden missachtet. Er wird es wohl noch oft erleben und sich bald daran gewöhnen, dass seine Gefühle keinen Platz haben, dass ergo er in seiner Wahrheit, so wie er ist, keinen Platz hat. Um trotzdem funktionieren zu können und nicht ständig an diesen grossen Schmerz erinnert zu werden, wird er seine Gefühle abtöten, sie innerlich ständig unterm Deckel halten und so sich selbst bald gar nicht mehr spüren. Wenn andere mit Gefühlen oder Situationen kommen, die ihn potentiell an seinen Urschmerz erinnern, wird er das mit ihnen tun, was seine Mutter soeben mit ihm tat: Er wird sie missachten, sie in Härte von sich wegstossen, ihre Gefühle und Bedürfnisse bagatellisieren, ignorieren, sein Bedürfnis stets über ihres stellen, ihnen kein Ohr, keinen Raum, keinen Halt geben - und so in jedem Menschen Ableger von Missbrauch hinterlassen, die, unentdeckt, dort selber wieder neu austreiben.

 

Der Grundstein in ihm, andere zu missachten ist gelegt, und damit auch jener, später andere zu missbrauchen, um endlich doch auch mal seine Bedürfnisse befriedigt zu bekommen, nachdem er jahrelang ja immer nur da war um die Bedürfnisse anderer zu erfüllen.
Ebenso ist der Grundstein in ihm gelegt, um später selbst missbraucht zu werden von Leuten und Institutionen, die Dinge von ihm verlangen, von denen er nur wahrnehmen könnte, dass sie ihm schaden, wenn er sich selbst noch spürte...

 

Die arme Mutter ist nicht zu beschuldigen, auch sie hat als Mädchen diese Erfahrung der Ablehnung gemacht, und auch ihre Mutter usw... Ihr Junge erinnerte sie an ihre eigene Ohnmacht, die sie partout nicht noch einmal an sich ranlassen wollte. In Wahrheit wollte sie also eigentlich gar nicht den Jungen wegstossen, sondern bloss das so gefürchtete Gefühl, das er in ihr antippte. Und so fügen wir die Wunden, die wir in uns selbst nicht ansehen mögen, all denen zu, die uns nahe sind.

 

Diese Kette der Verletzung hört erst auf, wenn wir dort an der Wurzel ansetzen. Dort, wo es bei uns selbst begann: bei diesem grossen Schmerz. Wenn wir den Mut aufbringen, ihn doch noch fertig zu erleben, doch nochmal so lange wie nötig hinzuschauen, so dass er sich ganz zu Ende bewegen und sich ganz zeigen kann - denn darauf wartet er seit diesem schlimmen Erlebnis - ist sein Bann gebrochen.


...immer schön im flOw bleiben...immer schön im flOw bleiben...immer schön im flOw bl...

Blütenlese......

trag dich ein für deine wiederkeh-rende ladung lebensfreude, news und inspiration. meine blütenlese kommt per e-mail, ist kostenfrei und ohne jegliche verpflichtung, aber voll: ♥

.......Telegramkanal

auf meinem telegramkanal

teile ich in kurzen posts

inspiration, einsicht, liebe

und freude, damit wir

auf unserem weg nach hause 

stets die orientierung behalten: