Kein Leiden wird einen verlassen, indem man alles mögliche versucht, um es zu verringern, ihm auszuweichen oder indem man es als Problem versteht, das einer Lösung bedarf.
Indem wir so viel damit tun und machen, halten wir es doch nur weiter fest - und sind trotzdem nicht ganz dabei. Wir halten es fest, weil wir es ja unbedingt lösen wollen, während wir mit unserer Aufmerksamkeit aber gar nicht beim Leiden selbst sind, sondern bei möglichen Ursachen und Lösungswegen; wir sind im Kopf und nicht im Spüren und Fühlen, wir sind irgendwo im Früher oder Später, im Besser und Anders, aber nicht hier und jetzt so wie es gerade ist.
Wenn wir uns von Leiden befreien wollen, müssen wir erst ganz in Kontakt kommen damit, es hier und jetzt fühlen, spüren, erleben.
Denn:
Wie soll man etwas loslassen, das man gar nicht besitzt?
Wenn wir das Leiden endlich zu uns nach Hause genommen, es in Besitz genommen haben, müssen wir davor nicht mehr fliehen, uns nicht mehr davor verstecken, nicht mehr ständig auf der Hut sein, nicht mehr dagegen kämpfen.
Das ewige Rennen hört auf.
Und nun, wo wir es nicht mehr mit aller Kraft ständig von uns fernhalten müssen, können wir es auch getrost jemandem mitteilen. Es gibt ja nichts mehr zu verstecken. Nun ist das Leiden erkannt und gehört worden. Nun ist es erlöst.
NACHTRAG: Alles in uns will nur vollständig anerkannt, also gehört und gesehen werden. In welcher Reihenfolge, das ist eigentlich egal und passiert meistens sowieso fast gleichzeitig und bedingt sich gegenseitig. Du kannst dich also auch schon ehrlich mitteilen, bevor du dein Leiden vollkommen in Besitz genommen hast; das ist sogar empfehlenswert und oft wohl sogar nötig. Empfehlenswert, weil jedes Mitteilen dich ja gerade deiner Selbstwahrnehmung und -erkenntnis näher bringt, und nötig, weil etwas ja erst dadurch übermässig belastend, eben zum Leiden wird, dass wir es für uns behalten.